Der Weg in die Wildnis

Freitag, 30.08.2024

Dankbar drücke ich meiner Frau meinen kleinen Rucksack in die Hand. Der wasserdichte Kanurucksack ist mit 20 kg nämlich schon schwer genug und hat kein besonders gutes Tragesystem. Gefüllt ist er mit all den Gegenständen, die ich monatelang zusammengetragen, getestet und in einer Packliste vermerkt hatte.

Haufenweise Geraffel

Vorsichtig gehe ich unsere vier Stockwerke hinab, schließlich will ich mir nicht gleich bei der Anreise die Beine brechen. Nach einer kurzen Fahrt mit der S-Bahn kommen wir viel zu früh am Hamburger Hauptbahnhof an. Mein ICE nach Frankfurt ist tatsächlich recht pünktlich.

Dann geht alles ganz schnell – ein Abschiedskuss, Sitzplatz suchen und der Frau zum Abschied winken. Der Zug setzt sich in Bewegung. Ich bin im Begriff, mein bislang größtes Outdoor-Abenteuer zu erleben. Wie bin ich an diesen Punkt gekommen?

Kurz nachdem ich lesen gelernt hatte, verschlang ich die Lustigen Taschenbücher mit den Geschichten aus Entenhausen. Besonders nachhaltig beeindruckten mich die Erzählungen über Dagobert Ducks Erlebnisse während des Goldrausches in Kanada. Da wollte ich hin! Alleine in einem Kanu, auf einem Fluss durch die Wildnis des Yukon, auf den Spuren der Goldgräber.

Mein Leben lang habe ich dafür Ausreden gefunden. Keine Zeit, kein Geld, kein Mumm. Bis vor neun Monaten. Da habe ich nämlich einmal gegoogelt, wie viel ein Flug nach Kanada eigentlich kosten würde – und auf einmal gab es keine Ausreden mehr. Es war an der Zeit, diesen Traum zu erfüllen. 

Die Inspiration

Auf den Big Salmon River kam ich schließlich durch das Video eines Youtubers. Der Fluss schien mir mit meiner Erfahrung als Kanute durchaus machbar, die Risiken kalkulierbar. Außerdem ist der Start der Tour zwar über eine öffentliche Straße zu erreichen, aber sie führt tief ins unbewohnte Hinterland, wo ich irgendwann 150 km von jeglicher menschlichen Siedlung entfernt wäre.

Insgesamt würde ich 300 km in zwölf Tagen zurücklegen müssen, ehe ich zum ersten Mal wieder an einen Highway gelangte, an dem mich jemand aufsammeln könnte. Das war genau, was ich mir vorgestellt hatte!

Ich freute mich monatelang unbändig auf diese Reise, ehe ich eine Woche zuvor gehörig Muffensausen bekam. All das war schließlich ebenso großartig wie verrückt und die Natur Kanadas verzeiht keine Fehler. Aber es stand nicht zur Debatte, einen Rückzieher zu machen. Zu lange hatte ich darauf gewartet. Jetzt sollte es auch sein.

Ich war gut vorbereitet. Hatte Literatur gewälzt, hatte eine gute Ausrüstung und meinen Ausrüster vor Ort vorab per E-Mail mit vielen Fragen bombardiert. All das gab mir letztlich meinen Mut wieder zurück und als ich nun im Zug sitze, überwiegt eindeutig die Vorfreude.

Die Fahrt verläuft reibungslos. Am Frankfurter Hauptbahnhof wuchte ich mein Gepäck in die S-Bahn zum Flughafen. Dort wartet ein Hotelzimmer auf mich, da mein Flug erst am nächsten Tag startet. Nachdem ich mein Handgepäck überprüft und noch etwas gegessen habe, liege ich aufgeregt im Bett und versuche zu schlafen. Es gelingt mir nur leidlich.

Flughafenhotel Frankfurt – der Countdown läuft

Samstag, 31.08.2024

Mein Flug geht um 14:35 Uhr und wie es sich für einen ordentlichen Deutschen gehört, bin ich bereits um 11:00 Uhr am Flughafen. Meine Schultern befehlen mir augenblicklich, einen Gepäckwagen zu finden. Ich tüte meinen Kanurucksack in eine Hülle ein und bringe ein Schloss an, damit sich mein Hab und Gut nicht im Gepäckraum des Flugzeugs ergießt. In meinem kleinen Savotta-Rucksack befindet sich mein Handgepäck: Akkus, Kamera, Wechselklamotten und so weiter. Ich gebe den schweren Kanusack auf und vergewissere mich, dass er bis Whitehorse durchgecheckt wird. Ich fliege nämlich nicht direkt in die Hauptstadt des Yukon Territoriums, sondern erstmal nach Vancouver. Die großen Maschinen von Condor können in Whitehorse derzeit nicht landen, so dass in Vancouver ein Anschlussflug mit Air North nötig ist.

Ich werfe eine Tablette gegen Übelkeit ein. Mir wird grundsätzlich schlecht, wenn ich fliegen muss und ich habe keine Lust, 10 Stunden lang Kaugummi zu kauen. Die Sicherheitskontrolle geht schnell vonstatten und ich kaufe eine Stange Kippen im Duty Free Shop, aber der Flug startet mit ca. 30 Minuten Verspätung. Augenblicklich nach dem Abheben rinnt mir der kalte Schweiß von der Stirn und ich bin froh, einen Kotzhemmer im Magen zu haben. Schlecht ist mir dennoch und die Aussicht auf die nächsten Stunden in der Holzklasse lässt mich verzweifeln. Ich verbringe die Zeit wie ein nasser Sack, abwechselnd ans Fenster und die Ablage vor mir gelehnt. Als ich endlich in Vancouver lande, danke ich dem heiligen Spaghettimonster für seine Kraft.

Links: Mit der Condor Maschine über Kanada.
Rechts: Flughafen Vancouver
.

Der Flug nach Whitehorse in einer ebenso klapprigen wie sympathischen Boeing 737 verläuft demgegenüber unspektakulär. Anscheinend hat mein Körper kapituliert und lässt es willenlos über sich ergehen.

In der Air North Maschine nach Whitehorse. Eine Landschaft zum reinlegen.

Die Klischees werden erfüllt: Alle Mitreisenden tragen karierte Flanellhemden, haben Jagdwaffen in Koffern dabei und am Zielflughafen wartet ihr Pickup auf dem Parkplatz des Flughafens auf sie.

Ankunft in Whitehorse, banges warten am Gepäckband. Schließlich kam mein Kanurucksack angefahren. Von da an wich die Anspannung von mir.

Ich begnüge mich mit einem Taxi zum zwei Sterne Hotel. Dort wird mir klar, dass zwei Sterne in Whitehorse etwas anderes sind als drei Sterne in Frankfurt: Das Zimmer kommt mit Mikrowelle, Kühlschrank und Kaffeemaschine daher. Die Möbel sind zwar altbacken und die Farbe blättert von den Wänden, aber es riecht nach Holz und Ahornsirup.

Es ist 21:45 Uhr Ortszeit. 
Nun bin ich also in Kanada.

Rechts der Eingang zum Hotel. Links hinter dem Hotel befindet sich direkt der „Real Canadian Superstore“, in dem ich meine Vorräte eingekauft habe. Das Quality Inn bietet sehr rustikale aber gemütliche Hotelzimmer.

Weiter zu Teil 2

Zu diesem Reisebericht gibt es einen zweiteiligen, abendfüllenden Dokumentationsfilm:

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